Die Seite muenchen.de ist eines der bundesweit erfolgreichsten Stadtportale, auch weil Leserinnen und Leser auf der Seite nahezu alle wichtigen Infos erhalten und sich keine Zeitung mehr kaufen müssen. Deshalb jedoch sei die Seite muenchen.de wettbewerbswidrig, urteilte das OLG München und bestätigte in zweiter Instanz das Urteil des LG München I.

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat der Klage einiger Münchner Zeitungsverlage gegen das Stadtportal der Landeshauptstadt München, www.muenchen.de, stattgegeben. Das Angebot des Online-Portals sei in seiner konkreten Ausgestaltung nicht mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Staatsferne der Presse vereinbar und deshalb wettbewerbswidrig, urteilten die Richter (OLG München, Urteil vom 30.09.2021, Az. 6 U 6754/20). Schon in der ersten Instanz hatten die Verlage gewonnen (LG München I, Urteil vom 17.11.2020, Az. 33 O 16274/19).

Der Internetauftritt www.muenchen.de ist das im Jahr 2004 in der heute abrufbaren Form aufgeschaltete offizielle Stadtportal für die Landeshauptstadt München. Die Webseite ist mit bis zu rund 2,9 Millionen Besuchen und 12 Millionen Seitenaufrufen im Monat nach der Selbstpräsentation das mit Abstand meistbesuchte Münchner Serviceportal und gleichzeitig eines der erfolgreichsten deutschen Stadtportale. Das Portal umfasst mehr als 173.000 Seiten.

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Das OLG schloss sich der Auffassung des Landgerichts (LG) an und stellte klar, dass sich eine Kommune wie die Stadt München aus der Meinungsbildung herauszuhalten habe. Staatliche Publikationen müssten eindeutig als solche erkennbar sein, um die Unabhängigkeit der Informationskultur der Presse nicht zu gefährden. Die Webseite dürfe auch keinen kommerziellen Charakter haben. Insbesondere kritisierte der Senat die Anzeigen auf dem Stadtportal als „ausufernd“. Auch Veranstaltungs- oder Kinoprogramm seien unzulässig, ebenso wie in Gänze die Rubriken „Shopping“ oder „Restaurants“.

Das LG München I hatte zuvor eine umfassende Interessenabwägung zwischen der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG)) und der Garantie des Instituts der freien Presse (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) andererseits vorgenommen. Für ihre Entscheidung zogen die Richter vor allem jene Beurteilungsmaßstäbe heran, die der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung Crailsheimer Stadtblatt II (Urteil vom 20.12.2018, Az. I ZR 112/17) aufgestellt hatte. Diese Entscheidung war zwar zu einem zeitungsmäßig aufgemachten Druckwerk ergangen. Das LG München I hielt die BGH-Entscheidung aber für übertragbar auf das in Streit stehende Internetportal.

Da im Internet andere Nutzergewohnheiten gelten würden, als bei einem Printmedium, sah das Gericht die Grenzen des Zulässigen im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung etwas weiter, als dies bei einem klassischen Presseprodukt geboten wäre. Das Portal muenchen.de überschreite aber den zulässigen Bereich der Berichterstattung in einer Gesamtschau deutlich, weshalb die Seite in der konkret beanstandeten Form mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der „Staatsferne der Presse“ gemäß Artikel 5 GG unvereinbar und deshalb wettbewerbswidrig sei.

Der Internetauftritt des Portals biete den Lesern eine Fülle von Informationen, so das LG, die den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift – jedenfalls subjektiv – entbehrlich mache. Sowohl in Quantität und Qualität würden- wie in Zeitungen und Zeitschriften- deutlich Themen besetzt. Das Portal beschränke sich hier nicht auf Sachinformationen. In zahlreichen Beiträgen würde über das gesellschaftliche Leben in München berichtet. Die Artikel beträfen sämtlich keine gemeindlichen Aufgaben oder zumindest Aktivitäten und bewegten sich nicht mehr innerhalb der zulässigen Themenbereiche, so das Gericht weiter.

Auch im Layout bediene sich muenchen.de einer derart (boulevard-) pressemäßigen Illustration mit Überschriften, Zwischenüberschriften, Bildern, Zitaten und unterhaltsamem Text, dass die verfassungsmäßigen Zulässigkeitsgrenzen überschritten seien.

Es sei vielmehr insgesamt nicht mehr erkennbar, dass das Stadtportal eine staatliche Publikation darstelle, so die Kammer. Dieser Auffassung schloss sich das OLG München an.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision zum BGH wurde zugelassen.

tsp/lrü