Ein Gesellschafter ist, ohne Hinzutreten weiterer Umstände, grundsätzlich nicht für von seiner Gesellschaft auf YouTube hochgeladene Videos verantwortlich. Dies, so das OLG Köln, gelte auch dann, wenn er für seine Gesellschaft eine sogenannte „Counter-Notification“ an YouTube verfasst habe und sich in diesem Zusammenhang als Empfangsbevollmächtigten bezeichnete.

Ein Gesellschafter haftet nicht automatisch für Urheberrechtsverletzungen, die auf einem YouTube-Kanal begangen werden, selbst wenn er für die betroffene Gesellschaft spricht oder eine sogenannte Counter Notification gegenüber YouTube einreicht. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in einem aktuellen Beschluss klargestellt, dass allein die Rolle als Gesellschafter nicht ausreicht, um eine persönliche Haftung für mutmaßliche Urheberrechtsverletzungen zu begründen. Auch weitergehende Indizien wie das Auftreten gegenüber YouTube reichten in dem konkreten Fall nicht aus. Die Berufung der Medienfirma, die eine einstweilige Verfügung beantragt hatte, wurde damit zurückgewiesen (OLG Köln, Urteil vom 7. Februar 2025, Az. 6 U 107/24).
Counter Notification gegen YouTube-Löschungsverfahren
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand ein kurzer Ausschnitt aus einem Fernsehbeitrag über eine Zeremonie auf einer Pay-TV-Plattform. Ein Unternehmen hatte diesen Beitrag produziert und Rechte daran vergeben. Ein Medienunternehmen gab an, die Nutzungsrechte an dem Beitrag erhalten zu haben und machte diese geltend. In einem YouTube-Video wurden nämlich etwa 15 Sekunden dieses Beitrags verwendet. Die Medienfirma war der Auffassung, dass diese Nutzung ohne Erlaubnis erfolgt sei und somit ihre Rechte als Rechteinhaberin verletze.
Veröffentlicht wurde das Video auf einem Kanal, der einer der Gesellschaften zugeordnet wird, an denen der beklagte Gesellschafter beteiligt ist. Nachdem das Medienunternehmen ein Löschungsverfahren bei YouTube angestrengt hatte, hatte der Gesellschafter persönlich eine sogenannte „Counter Notification“ eingereicht. Darin erklärte er, dass er Einspruch gegen die Entfernung des Videos erhebe. Dies sah das Medienunternehmen, welches die Löschung initiiert hatte als Beleg dafür, dass der Gesellschafter selbst das Video hochgeladen oder zumindest unmittelbar mitverantwortlich dafür gewesen sei. Es beantragte daher, dass ihm per einstweiliger Verfügung untersagt werde, das Video weiterhin zu verbreiten oder zugänglich zu machen.
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Das Landgericht (LG) Köln hatte diesen Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hatte das LG ausgeführt, dass jedenfalls die Passivlegitimation des Gesellschafters nicht glaubhaft gemacht sei, weil dieser weder bestellter noch faktischer Geschäftsführer der jeweiligen Betreiber des angegriffenen YouTube-Angebots der Gesellschaften sei. Die hierzu vorgelegten Indizien des Medienunternehmens reichten nicht aus. Die Stellung als Gesellschafter begründe ebenfalls keine Haftung, ebenso wenig die „Counter-Notification“ im Rahmen des bei YouTube angestrengten Löschungsverfahrens.
Dagegen legte das Medienunternehmen Berufung ein. Es argumentierte, dass die Rolle des Gesellschafters sowie sein Auftreten gegenüber YouTube seine Verantwortlichkeit hinreichend begründeten. Insbesondere sei nicht bestritten worden, dass der Gesellschafter das Video selbst hochgeladen habe. Außerdem habe er sich gegenüber YouTube als zustellungsbevollmächtigt ausgegeben und sei als Ansprechpartner für sogenannte Copyright Strikes aufgetreten. Dies zeige eine aktive Rolle.
Keine persönliche Haftung des Gesellschafters
Das OLG Köln folgte dieser Argumentation nun aber ebenfalls nicht. Es hätte keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Gesellschafter täterschaftlich oder als Teilnehmer an der Urheberrechtsverletzung beteiligt war. Das Medienunternehmen hätte nicht glaubhaft gemacht, dass er das Video selbst hochgeladen habe. Der entsprechende Vortrag sei zu vage gewesen. Es sei lediglich geäußert worden, es sei anzunehmen, dass der Gesellschafter den Upload vorgenommen habe. Dies genüge nicht den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung.
Auch die Tatsache, dass der Gesellschafter eine Counter Notification eingereicht habe, würde keine persönliche Haftung begründen. Diese sei lediglich im Zusammenhang mit dem YouTube-eigenen Löschungsverfahren erfolgt. Der Umstand, dass der Gesellschafter sich selbst und nicht die Gesellschaft als zustellungsbevollmächtigt angegeben habe, könne ein gewisses Indiz sein. Dieses müsse jedoch im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Das OLG befand, dass sich daraus nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf eine täterschaftliche Beteiligung schließen lasse.
Auch die Gesellschafterstellung allein stelle keine ausreichende Grundlage für eine Störerhaftung dar. Ein Gesellschafter hafte nicht automatisch für Handlungen der Gesellschaft. Würde man dies anders sehen, würde die Störerhaftung uferlos ausgeweitet und die gesellschaftsrechtliche Trennung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ausgehöhlt. Auch eine sogenannte Drittunterwerfung durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung eines Mitverantwortlichen lasse die Wiederholungsgefahr gegenüber anderen Beteiligten nicht ohne Weiteres entfallen.
Das Urteil schafft Klarheit im Umgang mit urheberrechtlichen Ansprüchen auf Plattformen wie YouTube. Es zeigt, dass für die Annahme einer persönlichen Haftung konkrete Anhaltspunkte erforderlich sind. Die bloße Beteiligung an einer Gesellschaft oder das Auftreten gegenüber Dritten reicht nicht aus. Wer Urheberrechte geltend machen will, muss konkrete Beweise dafür vorlegen, wer hinter dem beanstandeten Inhalt steht.
Das Urteil ist rechtskräftig.