In Hamburg rammte ein LKW-Fahrer einen PKW, als er bei einer beiderseitigen Fahrbahnverengung von der linken Spur kommend nach rechts zog. Die Haftpflichtversicherung des LKW-Fahrers gab der PKW-Fahrerin eine Mitschuld an dem Unfall und wollte ihr nur die Hälfte des Schadens erstatten. Dagegen zog die Geschädigte vor Gericht und unterlag nun in letzter Instanz vor dem BGH: Wer auf der rechten Spur fährt, hat nicht automatisch Vorrang, so das Gericht.

Bei einer beiderseitigen Fahrbahnverengung hat niemand Vorfahrt. Vielmehr müssen die Verkehrsteilnehmer auf dem linken und rechten Fahrstreifen gegenseitig aufeinander Rücksicht nehmen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit nun veröffentlichtem Urteil vom 08.03.2022 entschieden (Az. VI ZR 47/21).

Im Oktober 2018 war eine Frau in Hamburg mit ihrem PKW auf dem rechten Fahrstreifen einer zweispurigen Straße unterwegs. Neben ihr, auf dem linken Fahrstreifen, fuhr ein LKW. Nach einer Ampel folgten noch fünf Markierungen zwischen den beiden Fahrstreifen, dann befand sich auf der Fahrbahn das Symbol der beiderseitigen Fahrbahnverengung. Der LKW-Fahrer zog mit seinem Fahrzeug nach rechts und kollidierte mit dem PKW, den er nicht gesehen hatte. Beide Fahrzeuge wurden beschädigt.

Die Haftpflichtversicherung des LKW-Fahrers nahm ein jeweils hälftiges Verschulden der beiden Unfallbeteiligten an und erstattete der PKW-Fahrerin ihren Schaden daher nur zu 50%. Dies wollte die Geschädigte nicht hinnehmen und klagte vor dem Amtsgericht auf hundertprozentige Schadenserstattung. Das Amtsgericht wies die Klage jedoch ab. Auch die Berufung der Geschädigten vor dem Landgericht Hamburg blieb erfolglos. Daraufhin legte die geschädigte PKW-Fahrerin Revision beim BGH ein.

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BGH: Im Zweifel den anderen vorlassen

Auch vor dem BGH konnte sich die Geschädigte jedoch nicht durchsetzen. Das höchste deutsche Zivilgericht entschied, dass auf der rechten Fahrspur fahrenden Fahrzeugen keine Vorfahrt beim Einfahren in die Engstelle zukomme. Anders als bei der sogenannten „einseitig verengten Fahrbahn“ (Zeichen 121 Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 und 7 StVO) gebe es bei der „verengten Fahrbahn“ (Zeichen 120 Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 und 7 StVO) keine eindeutige Vorrangregelung. Auch sei das für die „einseitig verengte Fahrbahn“ vorgegebene Reißverschlussverfahren nicht einfach übertragbar. Denn während es bei der „einseitig verengten Fahrbahn“ einen durchgehenden und einen endenden Fahrstreifen gebe, würden bei der „verengten Fahrbahn“ beide Fahrstreifen in einen gemeinsamen Fahrstreifen überführt. Aus diesem Grunde habe das rechts fahrende Fahrzeug nicht grundsätzlich Vorrang. Der von der linken Spur kommende Verkehrsteilnehmer müsse daher auch nicht auf freie Bahn warten (§ 7 Abs. 5 StVO).

Weil es an einer eindeutigen Regelung fehle und keine der bestehenden Regelungen für ähnliche Verkehrssituationen übertragbar sei, gelte das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1 StVO).

Der LKW-Fahrer und die PKW-Fahrerin hätten sich daher darüber verständigen müssen, wer als erster in die Engstelle hätte einfahren dürfen. Sofern eine Verständigung nicht gelungen wäre, hätten sie beide die Pflicht gehabt, den jeweils anderen zuerst fahren zu lassen. Wer rechts fährt und wer links, spielt demnach überhaupt keine Rolle.

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