Ein Wein kann auch dann von einem bestimmten Winzerbetrieb hergestellt sein, wenn dieser für das Keltern der Trauben eine fremde Anlage gemietet hat. Liegen zudem bestimmte Voraussetzungen vor, darf der Winzerbetrieb bei der Vermarktung des Weins dann auch den eigenen Namen und den Begriff „Weingut“ verwenden, so der EuGH.

Die Weinbereitung kann als vollständig in dem namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt angesehen werden, selbst wenn die Kelterung der Trauben in einer fremden gemieteten Kelteranlage erfolgt. Voraussetzung sei jedoch, dass der Inhaber dieses Betriebs die tatsächliche Leitung, die enge und ständige Aufsicht und die Verantwortung für diesen Vorgang übernehme, so der Europäische Gerichtshof (EuGH, Rechtssache C-354/22). Damit schließt sich der EuGH den Ausführungen des EuGH-Generalanwalts an, der im Juli 2023 seine Schlussanträge veröffentlicht hatte.

Weinanbau auf gepachteten Rebflächen

Ein Weinerzeuger der deutschen Moselregion verwendet die Angaben „Weingut“ und „Gutsabfüllung“ für Wein, den er aus Trauben erzeugt, die von Rebflächen stammen, die er etwa 70 km von seinem eigenen Betrieb entfernt gepachtet hat. Aufgrund eines Vertrags werden die angepachteten Rebflächen von ihrem Eigentümer nach den Vorgaben des namensgebenden Weinerzeugers angebaut. Nach der Weinlese steht eine angemietete Kelteranlage für einen Zeitraum von 24 Stunden ausschließlich für die Verarbeitung der Trauben von den gepachteten Rebflächen nach den önologischen Vorgaben des namensgebenden Weinerzeugers zur Verfügung. Dieser befördert anschließend den hergestellten Wein zu seinen Betriebsräumen.

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Die Verwaltung verweigerte dem Winzerbetrieb in der Folge die Nutzung der genannten Begriffe. Nach Auffassung des Landes Rheinland-Pfalz dürfe der namensgebende Weinerzeuger die fraglichen Angaben nicht für den in den Betriebsräumen des anderen Weinerzeugers hergestellten Wein verwenden. Damit bestimmte Angaben, die wie beispielsweise „Weingut“ auf einen namensgebenden Weinbaubetrieb verweisen, verwendet werden dürften, verlange das Unionsrecht nämlich, dass das Weinbauerzeugnis ausschließlich aus Trauben gewonnen werde, die von Rebflächen dieses Betriebs stammten, und die Weinbereitung vollständig in diesem Betrieb erfolge.

Daraufhin erhob die Betriebsinhaberin Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Trier. Das VG entschied zunächst zugunsten der Betriebsinhaberin. Maßgeblich für die Verwendung der Angaben „Weingut“ und „Gutsabfüllung“ sei, dass die tatsächliche Leitung, die ständige Aufsicht und die ausschließliche Verantwortung für die Weinbereitung beim namensgebenden Winzerbetrieb lägen. Die Sache ging jedoch bis vor das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig, welches die zu entscheidenden Rechtsfragen nun dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorlegte (BVerwG, Beschl. v. 10.03.2023, Az. 3 C 5.21).

Räumlicher Standort nicht maßgeblich

Der EuGH entschied nun, dass nach dem Unionsrecht die fraglichen Angaben, die eine höhere Qualität gewährleisten sollen, Weinbauerzeugnissen mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g. U.) oder geschützter geografischer Angabe (g. g. A.) vorbehalten seien. Das Verwaltungsgericht habe zu prüfen, ob die Rebflächen, die in 70 km Entfernung von dem namensgebenden Weinbaubetrieb angepachtet wurden, von dessen g. U. oder g. g. A. erfasst seien.

Des Weiteren stellte der EuGH klar, dass der Begriff des Betriebs und damit die Verwendung der fraglichen Angaben nicht auf die Flächen beschränkt sei, die im Eigentum des namensgebenden Weinerzeugers stünden oder sich in deren Nähe befänden. Sie könnten sich auch auf Rebflächen erstrecken, die an einem anderen Ort gepachtet seien, sofern die Arbeiten der Bewirtschaftung und Ernte der Trauben unter der tatsächlichen Leitung, der engen und ständigen Überwachung und der Verantwortung des namensgebenden Weinerzeugers erfolgen würden.

Wenn diese Voraussetzungen bei der Kelterung in einer für einen kurzen Zeitraum bei einem anderen Betrieb angemieteten Kelteranlage erfüllt seien und diese Kelteranlage für die erforderliche Zeit ausschließlich dem namensgebenden Weinbaubetrieb zur Verfügung gestellt würden, dann könne davon ausgegangen werden, dass die Weinbereitung vollständig im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt sei.

Dieselben Voraussetzungen sollen laut EuGH darüber hinaus dann gelten, wenn Mitarbeiter des die Kelteranlage vermietenden Weinbaubetriebs die Kelterung durchführen. Dieser Vorgang müsse nach den eigenen Vorgaben des namensgebenden Weinbaubetriebs erfolgen. Dieser Betrieb dürfe sich nicht darauf beschränken, auf etwaige Anweisungen des die Kelteranlage vermietenden Weinbaubetriebs zu verweisen.

tsp