In der freien Marktwirtschaft treten Unternehmen gegeneinander in den wirtschaftlichen Wettbewerb. Um das Ganze jedoch in geregelten Bahnen zu lenken, wird per Gesetz ein unlauterer Wettbewerb untersagt. In Deutschland ergeben sich die entsprechenden Vorschriften maßgeblich aus dem UWG. Welche Rechtsfolgen ein Verstoß nach sich zieht und welche Besonderheiten sowie Ausnahmen es gibt, erläutern wir euch in unserem folgenden Beitrag.

Das UWG – das ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Wie sich bereits aus dieser Gesetzesbezeichnung ergibt, soll es in erster Linie dem Schutz des fairen Wettbewerbs in Deutschland dienen. Um dieses Ziel konsequent verfolgen zu können, sieht das UWG insbesondere spezielle Rechtsfolgen vor, die bei Verstößen gegen die normierten Wettbewerbsregeln greifen. Eine solche Rechtsfolge ist bspw. der Unterlassungsanspruch, der mittels Abmahnung durchgesetzt werden kann. Letztere ist dabei ein wichtiges Instrument, um sich etwa gegen unfaire Wettbewerbsbeschränkungen durch Konkurrenten zu wehren. Die letzte UWG- Novelle und auch die entsprechende Rechtsprechung dazu hat dabei einige Neuerungen gebracht, die vor allem die Rechtsfolge der Abmahnung, ihre Besonderheiten und Ausnahmeregelungen betreffen.

Grundsätzliche Rechtsfolgen bei UWG-Verstoß in der Praxis

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sieht in Kapitel 2 seine Rechtsfolgen vor.

Besonders auffällig ist dabei zunächst der kollektiv-rechtliche Einschlag, der im Zivilrecht sonst doch selten ist. So existiert eine erweiterte Aktivlegitimation für die Unterlassungsansprüche in § 8 Abs. 3 UWG.

§ 8 UWG normiert den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch im UWG. Darin findet sich eine Auflistung der Anspruchsberechtigten in Abs. 3. Die Nr. 1 umfasst die Mitbewerber, Nr. 2 die Wettbewerbsverbände, Nr. 3 entsprechend qualifizierte Einrichtungen und Nr. 4 letztlich Industrie-, Handels- und Handwerkskammern. Der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch ist zudem verschuldensunabhängig und setzt eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr voraus.

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Neben diesem besteht gem. § 9 UWG ein Anspruch auf Schadensersatz. Die Besonderheit besteht hier darin, dass zur Geltendmachung nur Mitbewerber berechtigt sind. Darüber hinaus ist dieser Anspruch – wie nahezu alle Schadensersatzansprüche im bürgerlichen Recht –  verschuldensabhängig ausgestaltet.

Eine weitere Spezialität des UWG findet sich in § 10: Der Gewinnabschöpfungsanspruch. Dieser ist als Anspruchs sui generis zu qualifizieren. Es handelt sich um einen Anspruch auf Herausgabe des Gewinns an den Bundeshaushalt. Aus diesem Grund wird er in den meisten Fällen auch als unattraktiv für Mitbewerber, Verbände etc. eingeordnet.

Im Vordergrund stehen also zivilrechtliche Ansprüche. Anders ist das z.B. in Frankreich: das Wettbewerbsrecht ist dort Strafrecht. Ebenfalls einen Unterschied gibt es bspw. zu den Regelungen in Großbritannien. Hier ist das Wettbewerbsrecht als freiwillige Selbstkontrolle ausgestaltet.

Das wohl wichtigste wettbewerbsrechtliche Instrument ist die Abmahnung gem. § 13 UWG. Sie dient der vorprozessualen Bereinigung von Wettbewerbsverstößen, indem sie den vermeintlichen Verletzer warnt und ihm die Möglichkeit gibt, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Die Kosten der Abmahnung sind gem. § 13 Abs. 3 UWG grundsätzlich erstattungsfähig, können also der Gegenseite in Rechnung gestellt werden.

Das Ziel der Abmahnung ist die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung gem. § 13 Abs. 1 UWG, sodass bei einem Verstoß dann eine Vertragsstrafe gefordert werden kann. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Eine unberechtigte Abmahnung kann ihrerseits selber zu Schadensersatz verpflichten.

Daneben ist auch die einstweilige Verfügung gem. § 12 Abs. 1 UWG, §§ 935, 940 BGB als wichtiges Prozessmittel im Wettbewerbsprozess anzusehen. Sie ergeht regelmäßig als Urteil und enthält eine Verpflichtung, derartige Verstöße zu unterlassen. Zusätzlich kann damit eine Aufforderung zur Abgabe eines Abschlussschreibens einhergehen, durch das der Gegner auf alle Rechtsmittel gegen die einstweilige Verfügung verzichtet.

Wichtige ausgewählte Neuerungen in den UWG-Rechtsfolgen

Als eine wichtige Neuerung im UWG ist die Einführung der §§ 8a, 8b und 8c UWG anzusehen:

§ 8a UWG erfasst die Anspruchsberechtigung bei einem Verstoß gegen die EU-Verordnung 2019/1150, § 8b UWG regelt die Erforderlichkeit einer Liste der anspruchsberechtigten Wirtschaftsverbände, die nunmehr durch das Bundesamt für Justiz geführt wird und § 8c UWG normiert das Verbot der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen und die entsprechende Haftung. Letzterer ist dabei ein wichtiges Instrument zur Eingrenzung der sog. Abmahnindustrie, womit das kommerzielle Vorgehen von Verbänden gemeint ist, um vorwiegend Aufwendungsersatz und entsprechende Vertragsstrafen geltend zu machen.

Daneben erfasst § 13 Abs. 4 UWG gewisse Ausschlussgründe für den Aufwendungsersatz und der neue § 13a UWG Regelungen zur Festsetzung einer angemessenen Vertragsstrafe nach § 13 Abs. 1 UWG.

Auch § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ist neu eingeführt und stellt eine Regelung des sog. „fliegenden Gerichtsstands“ dar.Grundsätzlich ist nach § 14 Abs. 2 S. 2 UWG für Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund des UWG geltend gemacht wird, das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung gegen das UWG begangen wurde. Gem. Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG gilt dies allerdings nicht bei Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien. Nach neuester Rechtsprechung des LG Frankfurt ist der § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG teleologisch dahingehend zu reduzieren, als dieser nur dann eingreift, wenn die betreffende Zuwiderhandlung tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Rechtsverkehr oder in Telemedien anknüpft.

§ 13 Abs. 4 UWG: Ausnahme, Intention und Bedeutung

Der neue § 13 Abs. 4 UWG sieht eine sehr spezielle Ausnahmeregelung vor.

Danach ist der Anspruch auf den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Abs. 3 für Anspruchsberechtigte nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 (Mitbewerber) UWG ausgeschlossen bei

1. im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten oder

2. sonstigen Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung und das Bundesdatenschutzgesetz durch Unternehmen sowie gewerblich tätige Vereine, sofern sie in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.

Die Intention des Gesetzgebers ist dabei recht deutlich zu erkennen: Sie liegt zunächst in der grundsätzlichen Stärkung des freien Wettbewerbs. Dazu kommt hinsichtlich der Nr. 1, dass der Gesetzgeber den elektronischen Geschäftsverkehr für besonders missbrauchsanfällig hält, weil dortige Verstöße gegen Informationspflichten automatisiert abgemahnt werden können. Mit der Nr. 2 möchte der Gesetzgeber den Sorgen von kleinen Unternehmen und gemeinnützigen Vereinen vor kostenpflichtigen Datenschutzabmahnungen Rechnung tragen.

In der Praxis entsteht dadurch das folgende Szenario: Mahnt ein Mitbewerber einen dieser Verstöße erstmalig ab, darf gem. § 13a Abs. 2 UWG keine Vertragsstrafe vereinbart werden, sodass lediglich die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung ohne aber die sonst gängige Vereinbarung einer Vertragsstrafe möglich ist. Dies hat zu der verbreiteten Befürchtung geführt, dass eine außergerichtliche Anspruchsdurchsetzung damit de facto ausgeschlossen sein könnte, weil die Wiederholungsgefahr nur durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe beseitigt werden könne.

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Dagegen Praxisurteil des OLG Schleswig § 13a UWG:

Gegen die vorgenannte Befürchtung stellt sich nun das OLG Schleswig mit seiner Rechtsprechung zum § 13a UWG n.F. Es trifft einige grundsätzliche Aussagen zu der offenbar bestehenden Problematik, dass eine außergerichtliche Anspruchsdurchsetzung nunmehr ausgeschlossen sein könnte, weil eine Wiederholungsgefahr möglicherweise nur durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe beseitigt werden könnte:

Die in diesem Verfahren beteiligten Parteien sind Mitbewerber im Bereich des Handels mit Drogeriewaren. Der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mahnte die Gegenseite wegen Verstößen gegen das Verpackungsgesetz, einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung und fehlender Grundpreisangaben ab. Der Abgemahnte gab daraufhin allerdings nur bzgl. der Verstöße gegen Verpackungsgesetz eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab. Hinsichtlich der anderen Verstöße erfolgte hingegen nur „einfache“ Unterlassungsverpflichtungserklärung, mithin also ohne Vertragsstrafenvereinbarung.

Dies brachte den Antragsteller nun zu der Meinung, die „einfache“ Unterlassungsverpflichtungserklärung reiche nicht aus, um die existierende Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Der Ausschluss der Vertragsstrafe widerspreche vielmehr dem Sinn und Zweck von § 13 Abs. 1 UWG.

Dazu entschied das OLG Schleswig jetzt jedoch Folgendes:

Der § 13 Abs. 1 UWG sei in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG n.F. so zu verstehen, dass der Gläubiger den Schuldner vor der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben soll, den Streit durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung beizulegen. Der Gesetzgeber wollte keinesfalls eine außergerichtliche Streitbeilegung in diesen Fällen ausschließen. Das lasse sich weder Gesetzessystematik der §§ 13, 13a UWG n.F. noch der Gesetzesbegründung entnehmen.

Ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe nach § 13a UWG zwischen Gläubiger und Verletzer ausgeschlossen, könne an dem Erfordernis der Strafbewehrung zur Widerlegung der vermuteten Wiederholungsgefahr nicht mehr festgehalten werden.

Auch eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ohne Strafbewehrung führe in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG im Falle des späteren Verstoßes dagegen zu nachteiligen Rechtsfolgen: Der Gläubiger habe dann neben dem gesetzlichen auch einen vertraglichen Unterlassungsanspruch, sodass das Gericht nur noch den entsprechenden Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung festzustellen habe. Bei einem „zweitem“ Verstoß sei dann außerdem die Vereinbarung einer Vertragsstrafe möglich.

Daher könne die Wiederholungsgefahr in den Fällen des § 13a UWG auch dann entfallen, wenn der Schuldner keine strafbewehrte, sondern nur eine „einfache“ Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat.

Die wettbewerbsrechtliche (Abmahn-)Praxis sieht sich derzeit einem Wandel ausgesetzt. Durch die letzte Novelle des UWG gab es vor allem im Bereich der Abmahnungen einige Veränderungen, die es nun zu beachten gilt. Es bleibt dabei stets abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zu einigen noch strittigen neuen Themenkomplexen äußert.