Kalt erwischt: Ein Vertrag, der durch einen Cold Call zustande gekommen ist, ist grundsätzlich wirksam. Dies entschied nun das AG Lörrach. Im vorliegenden Fall wurde ein Unternehmen von einem anderen Unternehmen unerlaubt, da zu Werbezwecken, angerufen. Während dieses Anrufs war ein Vertrag geschlossen worden.

Geklagt hatte eine Agentur, die Dienstleistungen zur Suchmaschinen-Optimierung, im englischen Search Engine Optimization oder kurz SEO anbietet. Einer ihrer Mitarbeiter hatte einen Mitarbeiter des beklagten Unternehmens angerufen und im Rahmen des Gesprächs einen SEO-Vertrag mit diesem abgeschlossen. Bei dem Anruf hatte es sich um einen unerlaubten Werbeanruf gehandelt. Kurz nach dem Telefonat hatte das angerufene Unternehmen versucht, den Vertrag zu widerrufen. Die Agentur erhob jedoch Klage, gerichtet auf die Zahlung einer Vergütung in Bezug auf den geschlossenen Vertrag. Das Amtsgericht (AG) Lörrach entschied nun darüber, ob der geschlossene Vertrag wirksam war, der durch den unerlaubten Werbeanruf überhaupt erst möglich gemacht wurde (Urt. v. 25.05.2023, Az. 3 C 444/22).

Der besagte Vertrag wurde während eines sogenannten Cold Calls abgeschlossen. Das ist ein Telefonanruf, der den Zweck erfüllt, Neukunden zu gewinnen. Oft stellen solche Anrufe jedoch unerlaubte Telefonwerbung dar, so auch in diesem Fall. In der Regel werde die angerufene Vertragspartei durch das Telefonat überrascht. Dies sei laut dem AG Lörrach auch im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, denn auch hier sei der Angerufene mental nicht auf das Führen von Vertragsverhandlungen vorbereitet gewesen. Dennoch sei der Vertrag hier zustande gekommen – dies ergebe sich schon aus der Telefonaufzeichnung.

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Wirksamer Vertrag, aber kein Vergütungsanspruch

Ein Vergütungsanspruch verneinte das Gericht jedoch, da das beklagte Unternehmen beim Vertragsschluss einem Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterlag und somit anfechten konnte. Der Irrtum bestand unter anderem darin, dass das angerufene Unternehmen davon ausgegangen war, dass der Anrufer in Zusammenhang mit dem unternehmenseigenen Google-Account stand und ein bereits bestehender Vertrag nur modifiziert werden sollte. Es sei nicht davon ausgegangen worden, dass ein neuer Vertrag geschlossen wird.

Trotz des wirksamen Vertragsschlusses im vorliegenden Fall ist jedoch klarzustellen, dass Cold Calls, also Anrufe ohne die ausdrückliche Zustimmung der Angerufenen, in Deutschland grundsätzlich verboten sind. Gesetzliche Grundlage hierfür ist die EU-Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (auch ePrivacy-Richtlinie). In Deutschland wurden diese Regelungen unter anderem durch das Telekommunikationsgesetz (TKG), das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Telekommunikations-Telemedien Datenschutzgesetz (TTDSG) umgesetzt.

Wie können sich Verbraucher gegen Cold Calls wehren?

Tatsächlich haben nicht nur Unternehmen mit den Cold Calls zu kämpfen – auch Verbraucher werden häufig durch unerlaubte Werbeanrufen belästigt. Nach § 7 UWG ist Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern unzulässig. Wer einen Verbraucher zu diesem Zwecke anruft, hat nach § 7a UWG dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung in angemessener Form zu dokumentieren und aufzubewahren. 

Doch was können Verbraucher konkret tun, wenn eine solche Einwilligung nicht gegeben ist? Wie kann man sich gegen unerlaubte Werbeanrufe wehren? Im ersten Schritt können die betroffenen Personen die Telefonnummern bei der Bundesnetzagentur melden. Diese bietet hierfür (auch online) entsprechende Formulare an. Wird ein Verstoß gemeldet, kann die Bundesnetzagentur Bußgelder von bis zu 300.000 Euro verhängen. Ebenso steht betroffenen Verbrauchern ein Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG zu. Für gewöhnlich sollte jedoch vor einer gerichtlichen Verfolgung eine Abmahnung erfolgen, um kein Kostenrisiko einzugehen.

Wir helfen Ihnen

Erhalten Sie häufig unerlaubte Werbeanrufe oder benötigen Sie Unterstützung bei der Formulierung einer Abmahnung? Bei Unsicherheiten ist es ratsam, auf die rechtliche Unterstützung eines auf diesem Gebiet spezialisierten Rechtsanwalts zurückzugreifen. Unser Expertenteam steht Ihnen gerne Rede und Antwort für Ihre Fragen. Für eine kostenlose Erstberatung können Sie uns gerne unter 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit) jederzeit kontaktieren.

jvo/ezo