Der ehemalige Bild-Chef Julian Reichelt und der Springer-Verlag waren nach Reichelts Konzern-Ausscheiden medienwirksam juristisch aneinandergeraten. Nun haben sich die Parteien geeinigt und den Rechtsstreit beendet.

Von © Superbass (via Wikimedia Commons), CC BY-SA 4.0

Bereits seit 2021 gehen der Axel-Springer-Verlag und Julian Reichelt getrennte Wege. Der Springer-Konzern hat den arbeitsgerichtlichen Streit mit dem ehemaligen Chefredakteur der Bild, Julian Reichelt, beigelegt. Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hatte der Konzern eine Abfindung in Höhe von zwei Millionen Euro zurückverlangt – und wollte eine Vertragsstrafe in Höhe von 192.000 Euro geltend machen. Reichelt habe Redaktionen mit Informationen über seinen früheren Arbeitgeber versorgt, so der Vorwurf.

Wie genau sich der Verlag und der ehemalige Chefredakteur der Bild jetzt geeinigt haben, ist nicht bekannt. Unabhängig des arbeitsrechtlichen Streits der beiden Parteien ermittelt weiterhin die Staatsanwaltschaft Berlin gegen Reichelt wegen Betrugs. Hintergrund ist eine Strafanzeige des Springer-Verlags.

Weitergabe von Unternehmensinformationen?

Ausgelöst wurde die Reichelt-Affäre seinerzeit durch den Vorwurf, er habe seine Machtstellung als Chefredakteur missbraucht. Immer wieder soll Reichelt junge von ihm beruflich abhängige Kolleginnen gefördert und zugleich in sexuelle Beziehungen verstrickt haben, um sie am Ende abzuservieren. Nach internen Beschwerden von einigen Mitarbeiterinnen leitete der Axel-Springer-Verlag zunächst ein Compliance-Verfahren ein, über das der SPIEGEL im März 2021 erstmals berichtete. Wenige Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Vorwürfe wurde Reichelt beurlaubt. Als sodann im Oktober 2021 neue Vorwürfe des Machtmissbrauchs gegen Reichelt bekannt wurden, diesmal in der New York Times, stellte Springer den Chefredakteur endgültig frei. Im Einzelnen ist hier weiterhin vieles umstritten.

Soforthilfe vom Anwalt

Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Wir sind bekannt aus

Reichelt wurde gekündigt und zugleich wurde ein Abwicklungsvertrag mit ihm geschlossen. Darin verzichtete er auf eine Kündigungsschutzklage und erhielt im Gegenzug benannte Millionenabfindung. Zudem verpflichtete sich Reichelt dazu, keine Bild-Mitarbeiter abzuwerben, keine Unterlagen mitzunehmen und dienstliche Dateien zu löschen. Gegen diese vertraglichen Verpflichtungen soll Reichelt jedoch verstoßen haben, weshalb es zur gerichtlichen Auseinandersetzung kam.

Im Verlauf des arbeitsrechtlichen Verfahrens fand im Juni vor dem Arbeitsgericht ein erster Gütetermin statt, um eine mögliche Einigung zu erzielen. Damals zeigten die beteiligten Parteien jedoch unterschiedliche Standpunkte auf und konnten sich nicht einigen. Springer beschuldigte Reichelt, gegen vertragliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen verstoßen zu haben. Es wurde behauptet, dass der Journalist interne Unternehmensinformationen weitergegeben habe, obwohl vereinbart gewesen sei, dass er diese nach seinem Weggang löschen würde. Auf Grundlage dieser Vereinbarung sei dann auch die Abfindung ausgezahlt worden.

Springer-Verlag zufrieden mit Beilegung des Rechtsstreits

Reichelt habe die Informationen damals an den Verleger der „Berliner Zeitung“, Holger Friedrich, weitergegeben. Doch die Weitergabe flog auf, weil Friedrich sich an den Springer-Verlag wendete. Damals sagte Friedrich, es sei im Zuge der professionellen Standards erforderlich, dass man mitteile, wenn einem unsaubere Informationen zugespielt würden. Bereits im Juli berichteten wir darüber, dass Holger Friedrich öffentlich machte, dass Reichelt ihm die Informationen zugespielt hatte. Reichelt klagte damals, scheiterte aber vor dem Landgericht Berlin.

Auf die Klage des Springer-Verlags reagierte Reichelt mit einer Widerklage. Der 43-jährige wollte damit Einsicht in die Dokumente rund um das betriebsinterne Verfahren zu den Vorwürfen gegen ihn erhalten. In diesem Zusammenhang strebte er eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 1000 Euro an. Dass das Verfahren nun beigelegt ist, stellt den Springer-Verlag zufrieden. Die Kernanliegen der Klage seien erfüllt, außerdem bedauere Reichelt laut Pressemitteilung des Verlags, dass er die Dokumente weitergegeben habe. Dennoch wolle sich Springer zukünftig vorbehalten, erneut gegen Reichelt vorzugehen, sollte er wieder gegen den Abwicklungsvertrag verstoßen, der zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossen wurde.

agr