Glücksspielrecht bei Games beachten
Glücksspiel und Computerspiele hatten lange Zeit eher geringe Schnittmengen. Während es beim Glücksspiel immer schon um Geldgewinne ging, stand bei Gamern meist der Spaß im Vordergrund. Doch mittlerweile sind die Grenzen fließend. Spielehersteller versuchen angesichts hoher Produktionskosten, neue Einnahmequellen zu erschließen. Daher ist es längst keine Ausnahme mehr, dass Spieler echtes Geld einsetzen. Doch hier lauern eine Menge juristischer Fallstricke. Ist die Grenze zum Glücksspiel erstmal überschritten, müssen hohe regulatorische und jugendschutzrechtliche Voraussetzungen erfüllt werden. Doch wo verläuft die Grenze?
Die größte Gefahr für Spielehersteller ist, dass sie versehentlich in den Anwendungsbereich des Glücksspielrechts vordringen. Glücksspiel ist in Deutschland sehr stark reguliert, so dass das Anbieten oder Veranstalten von Glücksspiel behördlich genehmigungspflichtig ist. Wer ohne staatliche Genehmigung Glücksspiel veranstaltet, macht sich gemäß § 284 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Und wer an einem unerlaubten Glücksspiel teilnimmt, ebenso, § 285 StGB.
Nur, was ist Glücksspiel? Dafür gibt es zwei unterschiedliche Definitionen:
- zum einen die der Rechtsprechung zu § 284 StGB
- zum anderen die Legaldefinition aus § 3 Glücksspiel-Staatsvertrag.
Abgesehen von kleinen Unterschieden sagen sie das Gleiche: Es geht darum, dass
man unter Einsatz von Geld eine Gewinnchance erwirbt und der Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall und nicht von der Fähigkeit des Spielers abhängt.
Unklar ist z.T., wie hoch der Einsatz bzw. die Gewinnchance sein müssen, um tatsächlich als Glücksspiel und nicht nur als Unterhaltung zu gelten. Einigkeit herrscht nur darüber, dass der Geldeinsatz „nicht unerheblich“ sein muss. Wann diese Erheblichkeitsschwelle wiederum überschritten ist, ist jedoch umstritten und wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. Als Leitlinie gilt, dass ein Einsatz dann unerheblich ist, wenn erwartet werden kann, dass der Spieler die Investition ohne große Überlegungen tätigt. Hier werden von Rechtsprechung und Literatur Einsätze zwischen 50 Cent und fünf Euro als erheblich angesehen. Außerdem muss der Gewinn auch tatsächlich in etwas umzutauschen sein, das in der realen Welt einen Wert hat (keine rein virtuellen Gewinne).
Lootboxen als Gratwanderung zwischen In-Game-Kauf und illegalem Glücksspiel
Besonders diskutiert wird über das das Thema Glücksspiel in Computerspielen im Zusammenhang mit Lootboxen. Anders als bei anderen In-Game Käufen in Online-Shops erkauft sich der Spieler hier nicht gezielt den gewünschten Gegenstand, sondern nur eine virtuelle Kiste, deren Inhalt ihm bis zur Öffnung nach dem Kauf unbekannt ist. In manchen Spielen können die Nutzer diese virtuellen Kisten in unregelmäßigen Abständen auch mehr oder minder zufällig finden (“Drop”), diese aber ohne den entsprechenden Schlüssel nicht öffnen. Der Schlüssel ist dann wiederum als zusätzlicher Inhalt käuflich zu haben.
Welcher Inhalt sich in der Lootbox befindet, entscheidet ein Zufallsgenerator, sodass der Spieler keinen Einfluss auf den Gewinn hat. Im besten Fall befindet sich darin ein für das Spiel “wertvoller” Gegenstand, der das Spielerlebnis des Nutzers positiv erweitert. Im schlechtesten Fall hat der Inhalt der Lootbox aber keinen Nutzen für den Spieler, die Investition ist aus seiner Perspektive dann verloren.
Aufgrund dieser Zufallskomponente gibt es mittlerweile viele Stimmen, die Lootboxen als Glücksspiel einstufen. In China sind sie mittlerweile sogar ganz verboten. Spielehersteller widersprechen dieser Auffassung und sprechen stattdessen von „Überraschungs-Mechaniken“, die „ziemlich ethisch und ziemlich spaßig“ seien – vergleichbar mit Überraschungseiern.
Sind Lootbox-Items Gewinne im Sinne des Glücksspielrechts?
Maßgeblich für die Einstufung als Glücksspiel ist die Beantwortung der Frage, ob der Inhalt der Boxen als Gewinn im Sinne der Definition zu verstehen ist. Nähme man dies an, so wäre der Kauf einer Lootbox der Erwerb einer Gewinnchance. Aber das allein reicht noch nicht aus. Wie bereits dargelegt, muss der mögliche Gewinn einen Vermögenswert darstellen.
Da es sich beim Inhalt der Boxen lediglich um virtuelle Gegenstände handelt, könnte man meinen, dass es hier an einer marktwirtschaftlichen Relevanz fehlt und sie somit keinen Vermögenswert haben.
Allerdings können die in den Boxen enthaltenen Items oftmals in den virtuellen Shops der Spiele auch gegen echtes Geld erworben werden, sodass sie zumindest im Kontext des Games einen wirtschaftlichen Wert haben. Schließlich hätte der Spieler den Gegenstand auch dort erwerben können.
Darüber hinaus gibt es virtuelle Marktplätze auf Steam oder ähnlichen Plattformen, auf denen Spieler ihre Gegenstände aus den Lootboxen anderen gegen echtes Geld zum Verkauf anbieten können. Da einige dieser Gegenstände durchaus Seltenheitswert haben, kann es hier schnell um drei- oder gar vierstellige Beträge gehen. Da die Items somit sowohl gegen Entgelt erworben als auch verkauft werden können, haben sie durchaus einen Marktwert.
Problematisch wird es wiederum dann, wenn der Spielebetreiber es untersagt, Items auf einem von Dritten betriebenen Schwarzmarkt gegen Entgelt zu handeln. Denn dann hätten die Gegenstände aufgrund des in den AGB enthaltenen Abtretungsverbots keinen Vermögenswert. Das Geschäft würde an rechtlicher Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) scheitern und der Verkäufer wäre bis zur Verjährung der schuldrechtlichen Rückgewähransprüche des Käufers ausgesetzt. In diesem Fall ließen sich die Items also nicht rechtssicher auf dem Schwarzmarkt verwerten, sodass ihnen kein Vermögenswert zukäme.
Weiterhin kommt es bei Lootboxen darauf an, ob für ihren Erwerb ein nicht unerheblicher Geldeinsatz erforderlich ist. Auch hier herrscht noch Uneinigkeit darüber, ob und wann diese Schwelle überschritten ist. Vereinzelt wird vertreten, dass der Kauf einer einzelnen Box angesichts des niedrigen Preises von in der Regel unter zwei Euro noch keinen erheblichen Einsatz erfordert. Allerdings ist mittlerweile Konsens, dass jedenfalls beim Kauf mehrerer Boxen im Paket die Erheblichkeitsschwelle überschritten wird.
Es ist also durchaus möglich, dass Lootboxen, je nach Ausgestaltung unter das Glücksspielrecht fallen könnten.
Das Beispiel Lootboxen zeigt, wie viele Fallstricke bei der Vereinbarkeit von Zufallsmechanismen in Computerspielen mit dem Glücksspielrecht lauern. Um diese sicher zu umschiffen, bedarf es kompetenter juristischer Beratung. Unser erfahrenes Team steht Ihnen hier gern zur Seite.
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In-Game-Käufe im Spannungsverhältnis mit dem Jugendschutz
Das Glücksspielrecht stellt jedoch nicht die einzige Schranke dar. Bei Computerspielen spielt auch immer der Jugendschutz eine Rolle. Schließlich ist ein großer Teil der Gamer noch minderjährig. Abhängig davon, ob es sich um ein reines Online-Game oder um ein Spiel auf einem Trägermedium wie einer CD handelt, sind entweder der Jugendmedien-Staatsvertrag (JMStV) oder das Jugendschutzgesetz (JuSchG) anwendbar.
Ob ein Spiel eine Jugendfreigabe erhält, richtet sich nach einer Prüfung durch die USK. Jedoch ist die USK nur dann zuständig, wenn das Spiel physisch, also auf einer CD, vertrieben wird und deshalb das JuSchG einschlägig ist. Anbieter von Online-Games können sich dagegen bloß freiwillig an die USK wenden.
Die USK hat vor allem die Aufgabe, die Spiele auf eine potenzielle Entwicklungsbeeinträchtigung hin zu untersuchen. Dabei kommt es vor allem darauf an, ob Minderjährigen zugetraut wird, die medialen Inhalte und Darstellungen emotional-moralisch angemessen einzuordnen. Damit die Glücksspielelemente aber überhaupt Gegenstand einer Jugendschutzprüfung sind, müsste es sich bei ihnen um einen wesentlichen Bestandteil des Spielinhalts handeln. Regelmäßig sind die Spiele aber so ausgestaltet, dass die Gamer erst durch die vom Spiel selbst ausgehende Anziehungskraft dazu verleitet werden, Geld einzusetzen. Insofern hat diesbezüglich eine jugendschutzrechtliche Beurteilung nicht zu erfolgen.
Allerdings kann zumindest bei auf Trägermedien vertriebenen Spielen ein gesetzliches Teilnahmeverbot für Jugendliche einschlägig sein. Nach § 6 Abs. 2 JuSchG gilt für Kinder und Jugendliche ein allgemeines Teilnahmeverbot für Spiele mit Gewinnmöglichkeit. Stuft man also etwa den Inhalt von Lootboxen als Gewinn ein, so käme das Verbot zum Tragen.
Aus jugendschutzrechtlicher Sicht relevanter als der Glücksspielmechanismus selbst ist jedoch die Bewerbung ebendieser. Gerade bei Apps und Online-Games, die sich im Wesentlichen an Minderjährige richten, ist darauf zu achten, dass keine Werbung in Form direkter Kaufappelle erfolgt. Dies wäre nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV unzulässig. Das Verbot gilt nicht nur für Lootboxen & Co, sondern für jegliche In-App-Käufe. Hier ist besondere Vorsicht geboten. In diesem Zusammenhang sind auch lauterkeitsrechtliche Bestimmungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten.
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Wer Computerspiele über den reinen Verkauf hinaus monetarisieren möchte, findet sich also in einem kaum zu durchblickenden Dickicht verschiedenster Vorschriften. Schon kleinste Fehltritte können allerdings erhebliche wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Daher ist es gerade bei neuartigen Modellen der Monetarisierung von Games empfehlenswert, das Angebot durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen.
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